Fahrid al-Isbanir
Ihr wisst bereits, dass Fahrid ein Händler aus dem bezaubernden Lande Aran ist. Ungefähr 41 Jahre zählt er und ist bereits seit Längerem sehr erfolgreich mit seinem Kontor in Nihavand.
Doch ist seine Lebensgeschichte keineswegs einem Königswege voller Annehmlichkeiten gleich. Im Gegenteil: Bereits seine Jugend wurde jäh beendet, als ein tegarisches Heer nach Isbanir einfiel und dort unbarmherzig wütete. In den Kriegswirren fiel der kleine Junge fast der Mordgier der hereinbrechenden Truppen zum Opfer.
„Immer wieder steigt des Nachts in mir ein Traum auf, der so bedrückend ist, dass ich verzweifelt versuche ihm zu entrinnen, aber – bei Ormut – es will mir nicht gelingen. Ich bin noch klein, vielleicht acht oder neun Jahre alt. Überall ist Feuer im Haus. Menschen schreien, aus Todesangst, aus Blutgier, ich kann sie nicht unterscheiden. Vater und Mutter sind nicht zu sehen. Ich renne auf die Straße, rufe um Hilfe. Aber da ist niemand. Menschen liegen auf dem Weg. Sie liegen ganz still. Andere kämpfen, doch die Angreifer sind stärker. Einer nach dem Anderen fällt. Auf einmal spüre ich einen dumpfen Schmerz am Hinterkopf. Dann wird alles schwarz.“ FAHRID AL-ISBANIR – Lebenserinnerungen
Als die Krieger abzogen, wähnten sie ihn tot, wie alle anderen dieses Bezirkes der Stadt. Irgendwann erwachte der Knabe. Doch welch ein armseliges Erwachen. Das Erlittene, die Qual der Seele, der Schmerz des Leibes hatte jegliche Erinnerung in ihm ausgelöscht. Sein Name, seine Familie – alles verschwunden.
Tagelang irrt der Knabe ziellos umher, ernährt sich notdürftig von dem, was ihm die Überlebenden gönnen. Viel ist es nicht. Als sich ein scharidischer Händler-Treck mit wenigen Überbleibseln und einem mehr schlecht als recht reparierten Wagen auf den Weg zur Küste macht, läuft er mit ihnen mit. Am Ende darf er bleiben und geht den anstrengenden Weg nach Nihavand mit ihnen.
„Anfangs waren sie mißtrauisch und abweisend. Ich weiß nicht warum. Aber das änderte sich im Lauf der Wochen, die wir unterwegs waren. Aus dem abschätzigen 'He, Du!' wurde langsam freundliche Anrede. Ich half, wo ich konnte. Lager für den Abend vorbereiten, Tiere versorgen, vieles habe ich mir bei ihnen abgeschaut, bis ich es selbst konnte." FAHRID AL-ISBANIR - Lebenserinnerungen
Die scharidischen Händler kannten seinen Namen nicht, sie wussten nicht, zu welcher Familie er gehörte. Sie wussten nur, dass er aus Isbanir stammte, also hießen sie ihn einfach al-Isbanir. Und weil er so schnell lernte, erschien er ihnen sehr besonders. So kam er zu dem Namen Fahrid, der Einzigartige.